Geschichte und Zukunft der Antidepressiva
Datum: Freitag, dem 11. November 2022
Thema: Gesundheit Infos


Die Geschichte der Antidepressiva ist eine Erfolgsgeschichte, die in den 1950er Jahren begann, aber noch lange nicht abgeschlossen ist. Zwar gibt es noch immer kein Wundermittel, das allen Patienten hilft, aber die Chancen für langfristige Heilung werden immer besser.

Die Geschichte der Antidepressiva begann im Jahr 1952, und zwar eher zufällig. Auf der Suche nach einem Medikament gegen Tuberkulose testeten Forscher den Wirkstoff Iproniazid. Die Probanden waren Patienten im Seaview Hospital auf Staten Island. Dabei fiel den Wissenschaftlern etwas auf: Patienten, die zuvor lethargisch und traurig waren, berichteten über bessere Stimmung, hatten mehr Appetit und schliefen besser. Die Zeitschrift Life schickte sogar Fotografen, um diesen Erfolg zu dokumentieren.

Iproniazid blockiert ein Enzym namens MAO, das wiederum chemische Botenstoffe wie Serotonin, Noradrenalin und Dopamin abbaut. Die Blockierung von MAO scheint die Aktivität dieser Botenstoffe zu normalisieren. Iproniazid wurde 1958 als Antidepressivum zugelassen. Es trug dazu bei, die Bedeutung des MAO-Systems bei Depressionen zu erkennen und brachte eine ganze Klasse von Antidepressiva hervor, die sogenannten MAO-Hemmer. Ihre breite Anwendung wurde jedoch durch die Nebenwirkungen eingeschränkt.

In den späten 1950er Jahren kamen die trizyklischen Antidepressiva auf. Als erster Wirkstoff dieser Art gilt Imipramin. Während es zunächst an Menschen mit Schizophrenie getestet wurde und sich als unwirksam erwies, zeigte es bei Menschen mit Depressionen bessere Ergebnisse und wurde 1959 als Antidepressivum zugelassen.

Anfang der 1970er Jahre verdichteten sich die Hinweise auf die Rolle von Serotonin bei Depressionen, während gleichzeitig die Besorgnis über die Nebenwirkungen von MAO-Hemmern und trizyklischen Antidepressiva zunahm.

Die Wissenschaftler wandten sich daher den SSRIs zu, den selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern. Diese Medikamente verstärken die Serotoninaktivität und schienen weniger Nebenwirkungen zu haben als andere Antidepressiva. Fluoxetin, eine der bekanntesten Entwicklungen in der Geschichte der Antidepressiva, wurde 1987 von der FDA zugelassen und kam im folgenden Jahr als Prozac auf den Markt. Ein Jahr später waren bereits 2,5 Millionen Verschreibungen ausgestellt worden. Weitere SSRIs, die seitdem auf den Markt gekommen sind, sind Paroxetin, Sertralin, Citalopram, Escitalopram und Fluvoxamin.

In den 1980er und 1990er Jahren kamen neue Antidepressiva auf den Markt, die auf das Monoamin-Neurotransmittersystem abzielen, darunter Bupropion, ein Dopamin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, und der Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Venlafaxin.

Trotz dieser Fortschritte muss jeder, der sich mit der Behandlung von Depressionen befasst, zugeben, dass diese Medikamente einige Nachteile mit sich bringen. Alle Antidepressiva können Nebenwirkungen haben, darunter Übelkeit, Schwindel, Schlaflosigkeit und sexuelle Funktionsstörungen. Es dauert in der Regel mehrere Wochen, bis sie ihre Wirkung entfalten. Bis zu einem Drittel der Menschen mit Depressionen sprechen nicht auf diese Medikamente an. Diese Unzulänglichkeiten machten eine neue Ära der Depressionsbehandlung erforderlich.

Depressionen wurden lange Zeit als ein chemisches Ungleichgewicht betrachtet: Man nahm an, dass ein Mangel an einem chemischen Botenstoff in den Lücken (oder Synapsen) zwischen den Nervenzellen die Kommunikation zwischen diesen Zellen stört.

Studien in den 1980er Jahren und später ergaben jedoch, dass einige Patienten mit Depressionen eher erhöhte als verringerte Werte dieser chemischen Botenstoffe (oder Neurotransmitter) aufwiesen. Darüber hinaus verringerten einige wirksame Depressionsmedikamente den Spiegel eines Botenstoffs, anstatt ihn zu erhöhen. Schließlich zeigte sich bei vielen, die mit Medikamenten behandelt wurden, die den Serotoninspiegel erhöhten, keine Verbesserung der Stimmung.

Es war klar, dass Depressionen nicht mit einem einfachen, einzelnen chemischen Mangel zusammenhingen. Stattdessen begannen Wissenschaftler, die neue Behandlungsmethoden entwickelten, zu verstehen, dass Menschen mit Depressionen weit verbreitete Veränderungen in der Funktion von Neurotransmittern, strukturelle Veränderungen in den Hirnregionen, die ihre Stimmung und Emotionen regulieren, und Veränderungen in der Verdrahtung oder Konnektivität des Gehirns aufweisen.

Der nächste Schritt bestand darin, ein Medikament zu finden, das auf die breiteren Schaltkreise und Verbindungen des Gehirns wirkt. Es stellte sich heraus, dass es sich dabei um ein Medikament handelte, das schon seit Jahrzehnten in Operationssälen eingesetzt wird.

Ketamin wird seit den 1960er Jahren als Anästhetikum eingesetzt. Es zielt auf das Glutamatsystem ab, das bei Depressionen gestört ist (der Glutamatweg ist ein Erregungsweg, der Gehirnprozesse in Gang setzt).

In einer einflussreichen Studie aus dem Jahr 2000 wurde festgestellt, dass eine einzige Injektion von Ketamin innerhalb von 72 Stunden eine rasche antidepressive Wirkung hat. Diese Wirkung hielt über mehrere Wochen an. Eine Nasenspray-Version namens Spravato (Esketamin) erhielt 2019 die FDA-Zulassung als Zusatztherapie für behandlungsresistente Depressionen. Die Zulassung der EMA folgte noch im selben Jahr.

Die spannende Geschichte von Ketamin hat deutlich gemacht, dass bei der Entwicklung moderner Antidepressiva mehr als nur ein chemischer Botenstoff berücksichtigt werden muss. Esketamin löst positive Veränderungen in der Funktion von Gehirnschaltkreisen aus. Es regt auch das Nachwachsen von Synapsen an, wodurch die Verbindungen zwischen Gehirnzellen wiederhergestellt werden.

Allerdings gibt es auch Nachteile. Zu den Nebenwirkungen von Esketamin gehören dissoziative Symptome (außerkörperliche Erfahrungen und Halluzinationen), und es birgt die Gefahr des Missbrauchs. Die Ansprechraten können bei älteren Patienten geringer sein. Esketamin muss in einer Arztpraxis oder Klinik verabreicht werden.

Trotz der langen Geschichte der Antidepressiva sind Medikamente nur eine Option. Bei der nichtmedikamentösen Behandlung von Depressionen gab es inzwischen wichtige Fortschritte.

Die transkranielle Magnetstimulation (TMS) ist eine nichtmedikamentöse und nichtinvasive Option, die in der Geschichte der Depressionsbehandlung einen festen Platz einnimmt. Die Technologie geht auf Experimente an Nerven und Muskeln in den 1790er Jahren zurück. In seinem Vortrag an der Royal Institution of Great Britain im Jahr 1859 erläuterte der Wissenschaftler Michael Faraday einige der Prinzipien des Elektromagnetismus, die die Entwicklung der TMS beeinflussen sollten. Ein voll funktionsfähiger Magnetstimulator wurde in den 1980er Jahren in Sheffield, England, in die klinische Praxis eingeführt.

Bei der TMS werden hochkonzentrierte magnetische Impulse an Gehirnregionen angelegt, die für die Regulierung der Stimmung entscheidend sind. TMS geht über die Korrektur eines einfachen chemischen Ungleichgewichts hinaus. Stattdessen geht sie auf die komplexen Veränderungen im Gehirn bei Depressionen ein und hilft, neue Verbindungen zwischen den Nervenzellen in den betroffenen Hirnregionen herzustellen. Bei vielen Patienten kann sie dazu beitragen, einige oder sogar alle Symptome der Depression zu lindern.

Die TMS ist heute auch in Deutschland für die Behandlung von schweren depressiven Störungen zugelassen, wenn eine medikamentöse Behandlung nicht wirksam war. Die gesetzlichen Krankenversicherungen erstatten diese Behandlung noch nicht. Die meisten privaten Versicherungen übernehmen die Kosten. Es ist aber zu empfehlen, dies vorab mit dem Versicherer abzuklären.

Trotz aller Fortschritte der Forschung gehen die meisten Experten davon aus, dass die Geschichte der Antidepressiva noch lange nicht zu Ende ist. Neuere Wirkstoffe haben in der Regel einen besseren Nutzen und weniger Nebenwirkungen.

Man kann zwar keine Antidepressiva ohne Rezept kaufen, weil dann die Risiken den Nutzen überwiegen würden, aber bei entsprechender Diagnose kann ein erfahrener Arzt ein geeignetes Präparat problemlos verschreiben. Methoden wie die TMS oder alternative Medikamente wie Ketamin können heute bereits vielen Menschen helfen. Sie sind aber nicht immer erfolgreich. Ein Wundermittel, dass allen Patienten hilft, ist noch nicht in Sicht. Aller Voraussicht wird die Geschichte der Antidepressiva noch für einige Zeit fortzuschreiben sein.

Quelle: Geschichte der Antidepressiva

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